Kasimir: Ich habe es dir doch gleich gesagt, dass ich heut unter gar keinen Umständen auf dein Oktoberfest geh. Gestern abgebaut und morgen stempeln, aber heute amüsieren, vielleicht sogar noch mit lachendem Gesicht!Karoline: Vielleicht sind wir zu schwer füreinander
Kasimir und Karoline, sie eigentlich auf Vergnügen aus, er zutiefst getroffen und verunsichert durch den Verlust seiner Arbeit, lassen sich von Alkohol und Pöbeleien anheizen, betäuben und verlieren sich allmählich aus den Augen – wörtlich und im übertragenen Sinn.
Weltwirtschaftskrise, Bierlaune und der aufkommende Faschismus der braunen Horden: Das Bild der deutschen Gesellschaft gegen Ende der Weimarer Republik, wie es Ödön von Horváth in Kasimir und Karoline zeichnet, ist äußerst facettenreich. Die einfachen Leute ächzen unter der explosionsartig steigenden Arbeitslosigkeit, die Kluft zwischen den Bevölkerungsschichten wird breiter und breiter. Das Theaterstück des österreichisch-ungarischen Schriftstellers ist aber auch ein Beziehungsdrama, eine scharfe Analyse der selbstzerstörerischen Illusionen, denen sich die beiden Liebenden immer wieder hingeben und der Ignoranz und Blindheit gegenüber der sich immer deutlicher abzeichnenden Katastrophe.
Die Liebe ist ein höchst flüchtiges Gefühl in Zeiten der Angst vor dem Verlust von Arbeit und dem damit einhergehenden sozialen Abstieg, inmitten fest gefügter gesellschaftlicher Normen und Regeln und einer Welt, die durch den aufkommenden Faschismus dem Abgrund entgegentaumelt – diese ernüchternde Erkenntnis bewegt heute wie damals.